Richtig geradeaus geht es nicht mehr und trotzdem immer vorwärts. An der roten Ampel schwankend, schaukelt man auch innerlich zwischen „Das geht schon“ und „Hoffentlich geht das“. Die meisten Erwachsenen saßen schon angeschwipst auf dem Rad, viele sogar sturzbetrunken. Während in der Peripherie so eine Trunkenheitsfahrt gerne im Wassergraben endet, werden in der Stadt scharfe Bordsteinkanten zum tückischen Hindernis.
Wer alkoholisiert Fahrrad fährt, gefährdet in erster Linie sich selbst. „Von den Alleinunfällen mit schweren Verletzungen ereignete sich etwa jeder fünfte unter Alkohol“, sagt Roland Huhn, Rechtsreferent des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Beispielsweise fallen betrunkene Radler im Vergleich zu nüchternen Fahrern rund dreimal häufiger mit dem Gesicht auf den Asphalt. Zwar werden sie selten für Autofahrer zur Gefahr, jedoch stellen sie für andere Radfahrer und Fußgänger ein Verletzungsrisiko dar.

Strafverfahren ab 1,6 Promille Alkohol im Blut

Deshalb gibt es auch für sie eine Promillegrenze: „Radfahrer, die mit 1,6 Promille Alkohol oder mehr im Blut unterwegs sind, erwartet ein Strafverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr“, so Roland Huhn. Die Strafe richte sich nach den Umständen des Einzelfalls und dem Einkommen: 30 Tagessätze Geldstrafe (ein Netto-Monatsgehalt) seien bei Ersttätern nicht ungewöhnlich. „Außerdem erwartet sie die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung durch die Fahrerlaubnisbehörde mit dem Ziel, die Fahreignung zu überprüfen.“ Wer nicht teilnimmt oder durchfällt, muss mit dem Entzug des Führerscheins rechnen, sogar ein unbefristetes Radfahrverbot ist möglich.
Es gibt leicht abweichende Geschichten dazu, wie es zu der Festsetzung des Grenzwertes von 1,6 Promille kam. Laut „Tagesspiegel“ führte das Institut für Rechtsmedizin der Universität Gießen Mitte der 1980er-Jahre eine wissenschaftliche Untersuchung durch, bei der 71 Personen auf Mofas einen Hindernisparcours bewältigen mussten und dabei stetig Alkohol tranken. Bei 1,5 Promille konnten sie die Slaloms, Kreisverkehre und Tordurchfahrten nicht mehr fehlerfrei passieren. Für Radfahrer habe man noch mal 0,2 Promille Toleranz gewährt, die 1986 vom Bundesgerichtshof auf 1,6 Promille reduziert wurden.
Einigen Institutionen reicht das noch nicht. Der ADFC fordert, einen zusätzlichen Gefahrengrenzwert von 1,1 Promille als Bußgeldtatbestand in das Straßenverkehrsgesetz aufzunehmen. Roland Huhn erklärt: „1,6 Promille Blutalkoholkonzentration ist die Grenze für die absolute Fahruntüchtigkeit. Mit so viel Alkohol im Blut kann niemand mehr sicher Rad fahren.“ Die 1,1-Promille-Grenze als Bußgeldtatbestand solle Radfahrer nicht entmündigen, sondern ihre Eigenverantwortung als Verkehrsteilnehmer fördern. „Wenn es gelänge, die Quote der Alkoholunfälle im Radverkehr auf die der Autofahrer zu reduzieren und damit etwa zu halbieren, wären das etwa 1700 Fahrradunfälle weniger im Jahr“, so Huhn.

Alkohol auf dem Fahrrad: Diese Regel ist Gesetz

Die Regel: Wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft (§ 316 StGB).

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