Schon die Beschreibung dieses Momentes lässt den Blutdruck eines Radfahrers nach oben schnellen: Wenn die Ampel auf Rot springt, schaut der Autofahrer kurz in den Rückspiegel und lenkt schnell nach rechts, damit ihn der anbrausende Biker nicht überholen kann. „An mir kommst Du nicht vorbei!“, bedeutet dieses Manöver. Oder: „Hinten anstellen!“. So kleinlich – pardon, ordnungsliebend – ist der deutsche Kraftfahrzeugführer nun einmal.
Das Problem daran: Der Radfahrer fühlt sich durch so ein Verhalten herausgefordert. Er erklimmt den Bürgersteig und rollt lächelnd an der Schlange der rauchenden und brummenden Karossen vorbei. Oder er überholt links, wünscht dem Autofahrer durchs geöffnete Fenster einen angenehmen Tag – und riskiert einen Unfall, wenn die Ampel dabei auf Grün wechselt. So spannend diese kleinen Kämpfe im Straßenverkehr sein mögen, so gefährlich sind sie auch. Und unnötig, schließlich gibt es Regeln, die das Miteinander auf der Straße – nun ja, eben regeln. 
Die Straßenverkehrsordnung legt in Paragraf 5, Absatz 8 fest: „Ist ausreichender Raum vorhanden, dürfen Rad Fahrende und Mofa Fahrende die Fahrzeuge, die auf dem rechten Fahrstreifen warten, mit mäßiger Geschwindigkeit und besonderer Vorsicht rechts überholen.“
Die Straßenverkehrsordnung erlaubt Radfahrern wartende Fahrzeuge rechts zu überholen, solange sie dies mit mäßiger Geschwindigkeit und mit Vorsicht tun – und solange ausreichend Raum vorhanden ist. „Ausreichender Raum meint etwa einen Meter Abstand“, sagt Roland Huhn, Rechtsreferent des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC). In einem Infoblatt des Vereins heißt es weiter: „Dieses Rechtsüberholen ist nur zwischen der Fahrzeugkolonne und dem Bordstein erlaubt, ...“ Das Hindurchschlängeln zwischen einzelnen Fahrzeugen ist indes verboten.
Zudem gibt es keine Vorschrift, nach der Autofahrer in einem Stau oder vor einer Ampel ausreichend Platz für Radfahrer lassen müssen. Wer sich vorbeiquetscht und Schäden am Auto verursacht, muss dafür aufkommen. Die eigene körperliche Unversehrtheit sollte ein weiterer Grund sein, nicht um jeden Preis zu überholen. Roland Huhn: „Wenn das zu überholende Fahrzeug ein Lkw ist, besteht die Gefahr, dass man bei der anschließenden Weiterfahrt übersehen und vom rechts abbiegenden Lkw überfahren wird.“ Auch beim Pkw rät er zum Blickkontakt. „Darauf, dass Autofahrer vor dem Rechtsabbiegen blinken, verlässt man sich als Radfahrer besser nicht.“ So gelte wie immer: Auf der Hut sein. Auch vor sich spontan öffnenden Autotüren. „Das kann bei eiligen Taxifahrgästen vorkommen, wenn sie sehen, dass sie im Stau nicht vorankommen, aber auch bei anderen Mitfahrenden.“

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